Dalton Highway

Es war 6:30 Uhr, als ich aus dem Bett sprang. Mein erster Gedanke war: „Schnell zum Fenster, um die Wetterlage zu überprüfen!“ Schließlich wollten wir nicht noch mehr Schnee in Fairbanks erleben – wir hatten keine Ahnung, was wir an einem weiteren Schneetag in dieser Stadt anstellen könnten.

Der Blick aus dem Fenster verriet, dass es draußen immer noch stockdunkel war, aber da war etwas am Himmel, das mir ein breites Grinsen ins Gesicht zauberte – ein sternenklarer Himmel, und kein Schnee in Sicht! Das war ein gutes Omen. Jetzt galt es nur noch, meinen immer noch schlafenden Gatten aus dem Bett zu katapultieren, kurz zu frühstücken und dann nichts wie ab auf die Straße.

Und siehe da, beides ging erstaunlich zügig. Kurz nach 7 Uhr waren wir bereits auf der Straße, bereit für das nächste Abenteuer in Fairbanks. Es fühlte sich an, als würden wir den Tag mit einem Lächeln im Gesicht beginnen, bereit für alles, was Alaska uns heute bescheren würde. Wer hätte gedacht, dass der Blick aus dem Fenster so viel Freude und Vorfreude wecken könnte?

Der Steese- und Elliot Highway waren nach wie vor von einer Schneedecke bedeckt, aber der Schnee schien gut festgefahren zu sein, und überraschenderweise kamen wir erstaunlich gut voran. Wir passierten den Hilltop Truckstopp und das Pipeline Visitor Center, wo wir gestern noch Halt gemacht hatten. Heute waren wir jedoch fest entschlossen, den Arctic Circle zu erreichen.

Schon vom Elliot Highway aus konnten wir hin und wieder einen Blick auf die majestätische Alaska Pipeline erhaschen. Leider sahen wir auch die Spuren von Lastwagen, die von der Straße abgerutscht waren. Kam uns das gruselig vor? Ja! Hatten wir den Gedanken, umzukehren? Keine Chance!

Wir waren wie eine Expeditionstruppe auf der Suche nach dem Heiligen Gral, nur dass unser Ziel der Arctic Circle war. Und wenn wir von ein paar Schneeverwehungen oder umgekippten Lastwagen nicht aufhalten ließen, dann würde uns auch nichts anderes aufhalten können. Abenteuerlust und Entschlossenheit waren unsere treuen Begleiter auf dieser frostigen Reise.

Nach 85 Meilen erreichten wir die Abzweigung zum Dalton Highway, auch bekannt als „Haul Road.“ Diese Straße, die der Versorgung der Trans-Alaska-Pipeline dient, gilt als eine der letzten berühmt-berüchtigten Abenteuerstraßen. Sie erstreckt sich über satte 416 Meilen durch eine wilde, raue und unberührte Natur.

Der Dalton verbindet Fairbanks mit Deadhorse und führt uns sogar über den Polarkreis hinaus bis zu den Ölförderanlagen in Prudhoe Bay. Als sogenannte „Hochgeschwindigkeits-Schotterstraße“ darf man hier sogar 50 Meilen pro Stunde fahren. Glaubt mir, das ist auf Schotter ziemlich flott!

Entlang des Highways verläuft die majestätische Trans-Alaska-Pipeline, zu der unzählige Servicestraßen führen. Der Dalton Highway wurde 1974 in rekordverdächtigen 5 Monaten als reine „Arbeitsstraße“ errichtet und erst 1991 für den Besucherverkehr bis Deadhorse freigegeben. Wenn das keine Einladung zu einem epischen Abenteuer ist, dann wissen wir auch nicht!

Immer wieder wurden wir auf unserer Fahrt am Hinweisschild am Beginn des Dalton Highways erinnert, auf dem „Heavy Industrial Traffic“ stand. Besonders dann, wenn eine lange Schneefahne einen dieser gigantischen Lastwagen aus der Ferne ankündigte.

Sobald wir eines dieser Monster auf Rädern im Rückspiegel oder vor uns sahen, machten wir brav Platz. Die Trucker waren unter großem Zeitdruck und legten ein wirklich sportliches Tempo auf der Piste vor. Schließlich galt es, das schwarze Gold Alaskas so schnell wie möglich an sein Ziel zu bringen.

Auch hier auf dem Dalton Highway sahen wir einen dieser Trucks im Straßengraben liegen. Es war ein erinnerungswürdiger Anblick, der uns wieder daran erinnerte, wie anspruchsvoll und gleichzeitig faszinierend diese Straße und die damit verbundenen Herausforderungen waren. Es fühlte sich an, als wären wir auf einer Expedition in eine fremde Welt gestolpert.

Der Dalton Highway war zweifellos keine Straße, die für Touristen gebaut wurde. Er war eine Arbeitsstraße, und wir Touristen waren hier allenfalls geduldet.

Nach ein paar Meilen hatte Stefan den Dreh raus. Er nutzte die Breite der Straße aus, um geschickt zwischen den Schlaglöchern hindurchzufahren und hielt vor Kurven und Kuppen immer schön rechts. So cruisten wir relativ entspannt durch diese atemberaubende Landschaft. Wir sahen majestätische Berge, dichte Wälder und wurden ständig von der Pipeline begleitet, die sich wie eine silberne Schlange durch die Wildnis wand. Es war eine Mischung aus Nervenkitzel und Faszination, die uns auf dieser Reise ständig begleitete. Wir fühlten uns wie Pioniere auf unbekanntem Terrain, und das war ein Gefühl, das man nicht alle Tage erlebt.

Die Namen auf der Landkarte entlang dieser Strecke sind nur selten echte Ortschaften. Nach 56 Meilen erreichten wir Yukon. Hier gab es das „Yukon Camp“, bestehend aus einem Restaurant, einem Motel, einer Tankstelle und einem Informationsstand des Bureau of Land Management.

Zum Glück hatte die Tankstelle geöffnet. Obwohl wir in Fairbanks vollgetankt hatten, gab es bis hierher keine weitere Tankmöglichkeit auf der Strecke, und wir hatten noch 59 Meilen vor uns. Und nicht zu vergessen, wir mussten ja auch wieder zurück, da könnte es sonst knapp werden.

Aber heute schien das Glück auf unserer Seite zu sein. Die Tankstelle war geöffnet, und wir konnten unsere Vorräte auffüllen. Allerdings herrschte im dazugehörigen Camp geschäftiges Putzen und Schrubben vor. Heute war der letzte Tag hier, denn bald würde auch in dieser abgelegenen Gegend der Winter Einzug halten, und die Betriebspause würde beginnen. Es war, als ob wir den letzten Atemzug des Sommers in der Luft spüren konnten, bevor der eisige Griff des Winters alles umhüllen würde.

Wir fahren weiter…

Wir setzten unsere Reise fort, und je weiter wir gen Norden fuhren, desto mehr fieberten wir unserem ersehnten Polarkreis-Schild entgegen. Hinter jeder Bergkuppe erlebten wir eine Veränderung der Landschaft, und davon gab es reichlich. Die Aussicht schien grenzenlos zu sein, zumindest so weit, wie die Straße in der hügeligen Landschaft verschwand. Hinter uns erstreckten sich majestätische Berge, die jedoch bereits vom Herbst in ein etwas tristes Grau gehüllt waren. Der Himmel hatte sich ebenfalls eingetrübt, und wir sehnten uns nach etwas mehr Farbe.

Einige Abschnitte der Straße waren so steil, dass sie von den Lastwagen nur einzeln befahren werden konnten. So konnten wir beobachten, wie ein Fahrer geduldig wartete, bis sein Kollege mit seinem Fahrzeug die Schlucht durchquert hatte. Erst als der erste Truck sicher auf der anderen Seite angekommen war und den Berg hinauffuhr, setzte der zweite Truck seine Reise fort. Unsere Bewunderung für diese Truckfahrer wuchs mit jeder Meile, die wir auf dieser anspruchsvollen Strecke zurücklegten. Es war wirklich beeindruckend, wie sie diese Herausforderungen meisterten.

Und dann war es endlich soweit, unser Ziel kam in Sicht. Bei Meile 115 bogen wir ab zum Arctic Circle, und es fühlte sich fast an wie das Eintauchen in einen Birkenwald.

Wenn man bedenkt, wie es gestern noch aussah, als würden wir unseren Roadtrip hierher absagen müssen, konnten wir unser Glück kaum fassen, dass wir es tatsächlich geschafft hatten. Wir machten Fotos, Fotos und noch mehr Fotos. Mit Selbstauslöser und ohne, mit Selfie-Stick und wir fotografierten uns gegenseitig, als gäbe es kein Morgen. Nachdem wir unsere Euphorie etwas abgekühlt hatten, gönnten wir uns noch eine kleine Stärkung, bevor wir uns schon wieder auf den Rückweg machten. Endlich haben wir den nördlichsten Punkt unserer Reise erobert, und dieser Triumph würde noch lange in unserer Erinnerung bleiben.

Wenn die Straße auf dem Weg hierher komplett von Schnee bedeckt war, gab es auf dem Rückweg Passagen, wo der Schnee bereits weggefahren und geschmolzen war, und an seiner Stelle eine matschige Piste hinterlassen hatte.

Als Alternative zu Schneeverwehungen zogen wir nun eine Schlammschleppe hinter uns her. An einigen Stellen wurde die Straße zur Rutschbahn, und die Kurven und Abfahrten brachten uns immer wieder ins Rutschen.

Gegen 16 Uhr erreichten wir schließlich den Elliot Highway. Dieser war mittlerweile vollständig schneefrei, und so kamen wir recht zügig voran.

Gegen 17:45 Uhr waren wir wieder in Fairbanks angekommen. Gestern waren wir an einem Restaurant vorbeigefahren, das von außen nett aussah. Also beschlossen wir, dort im Airport Way Family Diner zu Abend zu essen. Ich bestellte ein Steak, während Stefan sich für einen Burger entschied.

Wir waren immer noch überglücklich! Was für ein großartiger Tag, und was für ein Abenteuer auf dieser unberechenbaren Straße!

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