Fairbanks

Kurz vor sieben Uhr morgens wachte ich auf und warf einen Blick aus dem Fenster. Was zum Teufel?! Es schien die ganze Nacht geschneit zu haben, und der Schnee fiel immer noch in dichten Flocken! Bevor wir zum Frühstück gingen, musste ich unser Auto erst einmal ausgraben und den Motor laufen lassen. So etwas wie eine Standheizung auf amerikanische Art, würde ich sagen.

Das Frühstück im Hotel war reichhaltig und köstlich. Die Frühstückskraft warnte uns jedoch eindringlich davor, bei diesem Wetter nach draußen zu gehen oder sogar Auto zu fahren. Aber sie beruhigte uns mit der Information, dass ihr Mann bereits draußen sei und sich mit zahlreichen Kollegen um das Räumen der Straßen kümmere. Na dann, sind wir ja sicher, dachten wir. Allerdings schien die gute Frau in einer Endlosschleife gefangen zu sein. Sie wiederholte und wiederholte und wiederholte…

Wir hatten genug von diesem Unterhaltungsprogramm für heute und machten uns auf den Weg. Es war zwanzig nach sieben, unser Auto war aufgetaut und schön warm. Also konnten wir starten. Unser Ziel war es, den Arctic Circle zu erreichen.

In Fairbanks waren die Straßen noch nicht geräumt, und wir fuhren auf einer dicken Schneedecke. Das versprach ein lustiges Abenteuer zu werden. Wir folgten dem Johansen Express Way und bogen auf den Steese Highway ab. Auf diesem kamen wir jedoch kaum voran. Nach gerade mal 20 Meilen beschlossen wir, am Hilltop Truckstopp umzukehren. Den Arctic Circle konnten wir für heute jedenfalls abschreiben. Ach Mist! Es schien, als hätte der Schnee uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Nach einer guten Stunde Fahrt waren wir wieder in Fairbanks angekommen. Am Vorabend hatte ich fleißig Postkarten geschrieben, und wir beschlossen, sie im nahegelegenen North Pole abzuschicken. So würden sie zumindest einen hübschen Poststempel bekommen.

Mit all dem frischen Schnee sah North Pole natürlich noch malerischer aus. Die Straßenlaternen erinnerten an Zuckerstangen, und Santa Claus hatte eine Schneehaube auf seiner Mütze. Leider war der Himmel jedoch trüb und grau, was dem winterlichen Zauber keinen Abbruch tat. Es fühlte sich an, als wären wir in eine Szene aus einem Weihnachtsmärchen geraten.

Wir fuhren zurück nach Fairbanks und vertrödelten ein wenig Zeit in verschiedenen Geschäften. Ich bin ja ein großer Fan von Outdoor-Geschäften – und wir haben keines ausgelassen. Es war wie ein kleines Einkaufsparadies für Abenteurer, und ich konnte mich kaum entscheiden, was ich am liebsten mit nach Hause nehmen würde.

Fairbanks hatte leider nicht allzu viel zu bieten, um sich bei schlechtem Wetter die Zeit zu vertreiben. Wir bummelten durch Schuhgeschäfte, Haushaltswarenläden und irgendwie auch durch alle anderen Geschäfte, die uns in die Quere kamen. Unseren Hunger stillten wir schließlich im Sourdough Cafe. Dieses Mal bestellte ich wieder Reindeer Sausage, während Stefan sich für einen Mega-Hotdog entschied. Wir waren vielleicht nicht gerade die anspruchsvollsten Gourmet-Gaumen, aber das Essen war lecker und genau das, was wir brauchten, um uns aufzuwärmen.

Und was nun? Das Schneetreiben hatte aufgehört, und wir beschlossen, noch einmal die Straßenverhältnisse auf dem Steese Highway zu überprüfen. Immerhin kamen wir ein Stück weiter als am Morgen – diesmal bis zum Alyeska Pipeline Visitor Center (1671 Steese Highway, Fairbanks, AK 99712). Obwohl es wieder anfing zu schneien, ließen wir uns davon nicht abhalten und nutzten die Gelegenheit, uns die Pipeline noch genauer anzusehen.

Es gab dort ein paar informative Tafeln, die interessante Details über die Pipeline preisgaben. Die Straßenverhältnisse waren etwas besser als am Morgen, aber von „gut“ waren sie noch weit entfernt. Es schien, als würden wir uns weiterhin auf winterliche Abenteuer einlassen.

Wir entschieden uns, umzukehren und fuhren zurück in die Nähe unseres Hotels. Direkt gegenüber befand sich ein riesiger Fred Meyer Supermarkt mit einer Tankstelle, also beschlossen wir, unseren Wagen aufzutanken und dann eine kleine Einkaufstour im Supermarkt zu unternehmen.

Plötzlich fiel uns ein, dass das Santa Claus House ein kleines Café hatte, das hausgemachtes Fudge anbot. Also fuhren wir zum zweiten Mal an diesem Tag dorthin – dieses Mal, um uns bei einer Tasse Kaffee und „Kuchen“ zu stärken.

Wobei man Fudge eigentlich nicht wirklich als Kuchen bezeichnen kann. Fudge ist eher so etwas wie eine cremige, halbweiche Süßigkeit, die aus Unmengen von Zucker, Puderzucker oder Zuckersirup, Butter, Sahne und verschiedenen Aromen hergestellt wird. Wir entschieden uns für ein Stück Amaretto-Fudge und ein Stück Karamell-Fudge. Die Stückchen waren gerade mal 5×5 cm groß und zu Beginn wirklich lecker. Doch nach der Hälfte hatten wir bereits Schwierigkeiten, dieses unglaublich süße Zeug irgendwie mit unserem Kaffee hinunterzubekommen. Aber hey, was tut man nicht alles aus purer Langeweile…

Im Santa Claus House lag eine Karte von Fairbanks aus, auf der alle touristischen Sehenswürdigkeiten verzeichnet waren. Na also, jetzt hatten wir wieder Ziele vor Augen.

Unser erstes Ziel sollte ein Museum bzw. Geschenkeladen mitten in Downtown sein. Nun ja, es handelte sich eher um eine „Kruscht-Bude“. Nachdem wir ein paar Fotos von der verschneiten Innenstadt gemacht hatten, konnten wir auch dieses Abenteuer von unserer Liste streichen.

Dann stieß ich auf der Karte auf eine Brauerei: die Hoodoo Brauerei. Na, das klang doch nach einem perfekten Plan! Ein „Feierabend-Bierchen“ und dann ab ins Hotel. Genial!

Die Brauerei erwies sich als echter Glücksgriff. Es war rappelvoll, und im „Taproom“ standen die riesigen Braukessel. Die Einrichtung hatte diesen rustikalen, gemütlichen Charme. Hier gab es fünf Biersorten „on Tap“, also frisch vom Fass. Das war genau nach meinem Geschmack. Ich liebe es, in den kleinen Brauereien der USA die verschiedenen Biersorten zu probieren. Stefan zog es meist vor, amerikanisches Bier zu meiden, außer vielleicht hin und wieder ein „Bud“.

Ich bestellte meine Bierproben: German Kölsch, 2015 Oktoberfest Lager, Extra Pale Ale, American IPA und HooDoo Stout. Um ehrlich zu sein, hatten weder das German Kölsch noch das Oktoberfest-Bier auch nur im Entferntesten etwas mit deutschem Bier zu tun – aber sie waren dennoch köstlich. Nur das Stout hätte ich mir sparen können; es schmeckte wie eine mildere Version von Guinness und gehört definitiv nicht zu meinen Favoriten.

Bevor wir uns auf den Rückweg zum Hotel machten, kaufte ich mir noch ein Bierglas als Souvenir. Auf ein Abendessen hatten wir keine Lust, denn die Fudges lagen uns noch ziemlich schwer im Magen. Wir hofften inständig, dass die Straßen morgen in besserem Zustand sein würden, denn wir hatten wirklich große Lust, endlich zum Arctic Circle zu fahren.

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