Die Haines Road – Die schönste Sackgasse der Welt und Bären am Chilkoot River

Guten Morgen, liebe Leser! Heute starten wir wie immer früh in den Tag und machen uns zuerst auf den Weg zu den Waschräumen, die zu dieser frühen Stunde ganz für uns alleine sind.

Nachdem wir frisch gemacht sind, übernimmt Stefan die Küche und zaubert uns ein leckeres Frühstück. Kurz vor 9 Uhr sind wir schon wieder startklar und voller Energie für unsere Abenteuer.

Unsere erste Mission führt uns zum Supermarkt, den wir von unseren früheren Besuchen in Tok kennen. 🛒 Doch dieses Mal ist er wie vom Erdboden verschluckt! Wo könnte er nur sein? 🤔

Plan B: Wir beschließen, erstmal unseren Wagen zu betanken. An der Tankstelle wage ich die Frage nach dem vermissten Supermarkt „Three Bears“. Die freundliche Tankstellenmitarbeiterin klärt uns auf: „Er ist immer noch hier, aber gerade im Umbau, deshalb habt ihr ihn wahrscheinlich übersehen.“

Entschlossen fahren wir zurück zur vermeintlichen Baustelle. Und siehe da, hinter den Planen und Holzverschlägen verbirgt sich der neu erblühte „Three Bears“, ein ordentlich sortierter Supermarkt, größer als je zuvor! Jetzt können wir endlich unsere Einkäufe erledigen und uns auf weitere spannende Abenteuer in Tok vorbereiten.

Nachdem wir gestärkt, getankt und mit Proviant versorgt sind, sind wir bereit für das, worauf wir uns so lange vorbereitet haben – die Abenteuerfahrt entlang des Alaska Highways! Kaum sind wir auf der Straße, fühlen wir uns schon wie echte Entdecker. Die Fahrt in Richtung der kanadischen Grenze bietet vielleicht nicht die spektakulärste Abwechslung, aber sie hat ihren eigenen Reiz. Der Highway wechselt zwischen geteerten Straßen und Gravelabschnitten, doch im Großen und Ganzen ist die Fahrt angenehm.

Nach einer Weile, bei Kilometer 1967 (Meile 1222.5), erreichen wir das beeindruckende Tetlin National Wildlife Refuge. Hier gönnen wir uns eine kurze Pause, um die atemberaubende Aussicht zu genießen. Ich öffne unseren gut gefüllten Kühlschrank und schnappe mir einen leckeren Snack, um die Energie aufzutanken. Es ist erstaunlich, wie eine einfache Rast an einem solch faszinierenden Ort die Reise noch unvergesslicher macht.

Nur eine Meile weiter, und da ist sie – die amerikanische Grenze. Da wir uns in Richtung Kanada bewegen, passieren wir sie lediglich, ohne größere Aufregung.

Doch ein Kilometer nach dem amerikanischen Grenzposten stoßen wir auf etwas ganz Besonderes – die offizielle amerikanisch-kanadische Grenze, den 141sten Längengrad. Hier wurde buchstäblich ein Weg durch den Wald geschlagen, der die Grenze markiert. Und was noch spannender ist: Die Zeitzone ändert sich erneut!

Unsere Uhren springen von 11:15 Uhr auf 12:15 Uhr. Und das ist nicht die einzige Umstellung, die auf uns wartet. Von jetzt an werden wir in Kilometern reisen, die von Dawson Creek aus gemessen werden. Unsere aktuelle Position: Kilometer 1903.3 anstatt Meile 1221.8

Uns erwartet nun eine 30 Kilometer lange Strecke, größtenteils aus Schotter bestehend, die uns durch ein scheinbares Niemandsland führt. Interessanterweise liegt der kanadische Grenzposten nicht direkt an der offiziellen Grenze, sondern im malerischen Ort Beaver Creek.

Eigentlich hatten wir geplant, bei „Buckshot Betty“ zu essen, aber unser Magen knurrt noch nicht so recht. Trotzdem machen wir einen kurzen Zwischenstopp beim Restaurant, um zu überlegen, wie wir den restlichen Tag gestalten wollen.

Wir haben auf dem Dempster Highway einen Tag weniger gebraucht als erwartet, und dank der geringeren Stopps aufgrund des Rauchs, den die Brände verursacht haben, haben wir sogar Zeit gutgemacht. Heute ist Freitag, und wir müssen unbedingt bis Sonntag früh in Skagway sein, wo bereits eine aufregende Bootsfahrt auf uns wartet. Das bedeutet, dass wir den gesamten Samstag und den heutigen Tag für neue Abenteuer nutzen können. Welche spannenden Erlebnisse mögen wohl auf uns warten? Wir sind bereit, es herauszufinden!

„Hey, wie wäre es, wenn wir uns nach Haines aufmachen? Wer weiß, vielleicht haben wir Glück und sehen dort Bären!“, schlage ich begeistert vor. Und am Samstag könnten wir dann ganz unkompliziert mit der Fähre nach Skagway übersetzen – das dauert gerade mal eine Stunde. 😄🐻

Nun, wir wissen bereits aus dem letzten Jahr, dass die Fähre nicht gerade preisgünstig ist. Damals haben wir sie auch genutzt, allerdings in umgekehrter Richtung – von Skagway nach Haines.

Wir sind gerade bei „Betty“ und haben Internetzugang. Also zögere ich nicht lange und stöbere auf der Website des Alaska Marine Highway nach verfügbaren Plätzen auf der Fähre.

Leider kann man so kurzfristig keinen Platz online buchen – die Möglichkeit besteht nur telefonisch ab drei Tage vor Abfahrt. Also greife ich zum Telefon. Ein freundlicher Mitarbeiter bestätigt, dass es noch zwei freie Plätze gibt. Perfekt – einer reicht aus! Ich gebe ihm alle erforderlichen Informationen, einschließlich Name, Alter, Kreditkartennummer, Heimadresse, E-Mail, Telefonnummer und Fahrzeuggröße. Nachdem er alles notiert hat, versichert er mir, dass ich innerhalb der nächsten 30 Minuten eine Bestätigungs-E-Mail erhalten werde.

Wir haben keine Lust, solange auf dem Parkplatz zu warten, also beschließen wir, weiterzufahren. Die E-Mail kann ich später immer noch lesen. Jetzt freue ich mich auf Haines. Obwohl wir bei unserem letzten Besuch am Chilkoot River keine einzigen Bären gesehen haben, bin ich dieses Mal zuversichtlich, dass wir mehr Glück haben werden.

Kurz darauf passieren wir Burwash Landing und stoßen auf die angeblich größte Goldwaschpfanne der Welt, die direkt an der Straße steht. Natürlich ist auch hier ein Fotostopp Pflicht – schließlich gibt es so viele interessante Orte auf unserer Reise zu entdecken! 📸

Ein paar Kilometer weiter, und der Alaska Highway erreicht den majestätischen Kluane Nationalpark, verläuft entlang seiner östlichen Grenze und offenbart uns eine immer faszinierendere Landschaft. Die Aussichten werden jetzt atemberaubend. Auf der rechten Seite erheben sich hohe, mitunter vergletscherte Berge – die beeindruckenden Elias Mountains.

Der Kluane Nationalpark wurde 1976 gegründet und ist nicht nur der größte im Yukon, sondern auch der viertgrößte Nationalpark in ganz Kanada. In seinen Grenzen befindet sich der stolze Mount Logan, Kanadas höchster Berg, der sich majestätisch auf 5959 Metern erhebt. Doch das ist nicht alles. Der Park beherbergt auch das beeindruckende Kluane Icefield, dessen gewaltige Gletscher stolze 82% der Gesamtfläche bedecken.

Diese einzigartige Naturschönheit erfüllt uns mit Ehrfurcht und Demut, während wir weiterhin unsere Reise durch dieses wunderbare Stück Kanada fortsetzen.

Im Nordosten des Kluane Nationalparks erstreckt sich der wunderschöne Kluane Lake, und oh, was für ein malerischer Anblick! Unser Weg führt uns entlang des riesigen Sees, und die Aussicht ist einfach grandios. Die Natur schenkt uns unzählige Kilometer puren Genuss.

Während wir die malerische Kulisse genießen, erhält mein Handy plötzlich Zugang zum Internet und informiert mich über den Eingang einer neuen E-Mail. Das muss die Bestätigung für unsere Fährfahrt nach Skagway sein! Stefan lenkt unser Ford-Beast auf einen Rastplatz, denn ich bin ganz aufgeregt, die Nachricht zu überprüfen und sicherzustellen, dass alles reibungslos verläuft. Aber wenn eine E-Mail schon mit dem Wort „sorry“ beginnt…

Leider heißt es in der Nachricht, dass die Fähre bereits ausgebucht ist, und anscheinend gab es eine Überschneidung bei der Buchung. Ach, ich hatte mich schon so auf die Bären gefreut und war fest davon überzeugt, dass sie auf uns warten würden. 🐻😢

Stefan nimmt das iPad und prüft nach möglichen Alternativen. Grundsätzlich sind Haines und Skagway nur etwa 30 Kilometer voneinander entfernt, aber um dorthin zu gelangen, müssten wir anscheinend das Lutak Inlet durchschwimmen, da wir keinen Platz auf der Fähre ergattern konnten. Die einzige Alternative: Über Land sind es über 550 Kilometer. Und jetzt? „Wir fahren nach Haines“, sagt Stefan. Morgen haben wir den gesamten Samstag, um nach Skagway zu gelangen. 550 Kilometer mehr oder weniger – was macht das schon aus!

Also steht meinem Bären-Abenteuer doch nichts im Wege! Yes! 🐾

Wir erreichen Haines Junction und schwenken in Richtung Alaska/USA ab. Die Fahrt führt uns durch wunderschöne Berglandschaften, die mit jedem Kilometer beeindruckender werden, je weiter wir uns in die Berge hinauf bewegen. Steile Gipfel, majestätische Gletscher und atemberaubende Panoramen erwarten uns hinter jeder Kurve.

Der Indian Summer ist in seiner vollen Pracht. Die Bäume leuchten in einem zauberhaften Farbenspiel aus Gelb, Orange und Rot. Zwar ist der Himmel heute bedeckt, aber meine Wetter-App verspricht für morgen einen wolkenlosen Himmel. Zum Glück war die Fähre ausgebucht, so dass wir dieselbe beeindruckende Strecke morgen wieder zurückfahren werden! 😁

Am Chilkat Pass, der höchsten Erhebung des Highways auf stolzen 1065 Metern über dem Meeresspiegel, eröffnet sich vor uns ein atemberaubendes, vergletschertes Panorama der majestätischen Takhinsha Mountains. Wir befinden uns auf einer baumlosen Hochebene, die sich wild und bunt vor uns ausbreitet – eine Landschaft, die einfach nur beeindruckend ist!

Auf unserem Weg zwischen Haines Junction und Haines überqueren wir gleich zwei bemerkenswerte Grenzen auf den 240 Kilometern dieser Strecke. Zuerst passieren wir die Ländergrenze zwischen Yukon und British Columbia und anschließend die Staatsgrenze zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten. Unsere erneute Einreise in die USA verläuft erwartungsgemäß reibungslos. Nun folgt der Highway dem Tsirku River und dem sich allmählich erweiternden Tal des Chilkat River. Hier, im Chilkat Bald Eagle Reserve, versammeln sich im Spätherbst tausende majestätische Weißkopfseeadler. Der Grund für ihr Kommen: die leckeren Lachse, die auf ihrem Weg an Haines vorbeiziehen. Wir werden uns das Spektakel morgen näher anschauen. Doch im Moment zählt nur eins: die Bären! 🦅

Die malerische Innenstadt von Haines lassen wir vorerst links liegen und fahren entlang des Lutak Inlet bis zum Ende der Straße. Vor zwei Jahren hatten wir hier nach Bären Ausschau gehalten, aber damals hatten wir kein Glück. Jetzt sind wir gespannt, was uns erwartet.

Wir machen Halt, steigen aus dem Wagen, und da sind sie – Bären! Nicht nur einer; es sind gleich fünf! Eine fürsorgliche Mutter, die Lachse für ihre Jungen fängt, und ein imposanter Grizzly, der mitten im Fluss steht und sich in aller Ruhe von uns ablichten lässt. 📸🐻

Die Begegnung mit Bären in ihrer natürlichen Umgebung ist schlichtweg beeindruckend. Abgesehen von uns sind nur wenige Menschen hier unterwegs – tatsächlich sehen wir heute mehr Bären als Menschen. Unsere faszinierende Beobachtung beginnt, als ein mächtiger Bär im Fluss erscheint und unser Herz höher schlagen lässt. Doch als dieser aus unserem Blickfeld verschwindet, taucht ein anderer, etwas kleinerer Bär auf, der sich bedächtig durch das Wasser bewegt und Ausschau nach Lachsen hält. 🐻

Das Fischweibchen, das tapfer stromaufwärts schwimmt, wurde vor gut zwei Jahren genau hier geboren. Damals war es kaum mehr als ein winziges Viertel Gramm schwer, als es sich im Strömungstreiben des aufkeimenden Frühlingsflusses flussabwärts tragen ließ.

Zwei lange Jahre schwamm es im weiten offenen Pazifik, bevor es nun, nach Hunderten von Kilometern, mit stolzen zwei Kilo rosa Fleisch auf den Gräten und einem Bauch voller Eier, an seinem Geburtsort ankam. Hier wollte es seine kostbaren Eier ablegen. Patsch! Mit einem einzigen mächtigen Tatzenhieb beendet der Bär die erstaunliche Reise des Fisches. Es ist ein eindrucksvoller Anblick, der uns an die Dramatik des Lebens erinnert.

Doch wenn das Lachsweibchen sein Ziel erreicht hätte, hätte es seine Eier hier im Süßwasser ablegen können. Nach der Eiablage wäre der Fisch auf natürliche Weise gestorben. Das mag auf den ersten Blick traurig klingen, aber es ist ein Teil des „Circle Of Life, denn die toten Lachse dienen als natürlicher Dünger für die nächste Generation. Nur so kann der Nachwuchs bald eine neue Wanderung antreten.

Patsch! Dieses Schauspiel wiederholt sich noch einige Male, bis der beeindruckende Grizzly schließlich satt ist und sich gemächlich zurückzieht. Welch unvergessliches Erlebnis! Wir sind so dankbar, dass wir hierhergekommen sind und Zeugen dieses faszinierenden Naturschauspiels werden durften. 👏

Wir verweilen bis zur einsetzenden Dunkelheit, und als der Hunger schließlich anklopft, machen wir uns auf den Rückweg ins Zentrum von Haines. Da unser Besuch hier ganz spontan war, haben wir keinerlei Restaurantpläne. Aber das ist kein Problem, denn das Schicksal führt uns zu einer charmanten Überraschung: Die Pioneer Bar taucht vor uns auf, und direkt davor erstrahlt ein freier Parkplatz, der wie für unser Auto geschaffen ist. Perfekt!

Das Abendessen – Ich habe einen köstlichen Lachs genossen (Sorry, Grizzly & Co – jetzt habt ihr eben einen weniger), während Stefan sich an einem saftigen Burger erfreute.

Manchmal sind die spontanen Entscheidungen die besten, und so schließen wir diesen Tag mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ab. 🌙

Es ist bereits 21:15 Uhr, als wir das reizende Restaurant verlassen, und jetzt steht nur noch die Suche nach einem Schlafplatz für diese Nacht an. Die Campingplätze in der Nähe der Innenstadt schienen uns etwas zu teuer zu sein, also entschieden wir uns kurzerhand, zurück zum Chilkoot River zu fahren. Schließlich hatten wir auf dem Weg hierher bereits einige Camper in den Parkbuchten gesehen, also bestand die Hoffnung, dass noch ein Plätzchen für uns frei ist. 🚗

Und tatsächlich haben wir großes Glück! Wir finden einen herrlichen Übernachtungsplatz direkt am Fluss, etwas außerhalb von Haines. Von hier aus können wir sogar die majestätischen Kreuzfahrtschiffe beobachten, die vorbeiziehen. 🛳️

Es ist immer wieder erstaunlich, wie spontane Entscheidungen zu den besten Erlebnissen führen können. Wir lassen den Tag zufrieden ausklingen und genießen die herrliche Aussicht auf den ruhigen Chilkoot River.

Abgesehen von uns gab es noch zwei weitere Fahrzeuge in der Parkbucht, obwohl der Parkplatz groß genug für noch viel mehr gewesen wäre. Erstaunlicherweise, trotz unserer unmittelbaren Nähe zur Lutak Road, verbrachten wir eine erstaunlich ruhige Nacht – nicht ein einziges Auto störte unsere Ruhe.

Eines können wir heute schon sagen: Haines ist definitiv die schönste Sackgasse der Welt!

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