Prolog: Ein Alaska-Abenteuer und die skurrile Welt der Online-(Camper) Foren

Liebe Freunde, Familie und alle, die sich auf dieses kleine Vorwort verirrt haben,

es ist an der Zeit, unsere Gedanken und Gefühle über unser erstes Campingabenteuer in Worte zu fassen. In einer Welt voller Möglichkeiten haben wir uns entschlossen, uns von der Komfortzone zu verabschieden und uns in die Wildnis zu begeben. Warum? Weil das Leben Abenteuer verlangt und wir uns entschieden haben, dem Ruf der Natur zu folgen.

Wir, eigentlich überzeugte „Nicht-Camper“, fanden uns in der ungewohnten Situation, dass an unseren gewünschten Reisezielen keine Hotels oder Motels verfügbar waren. Die Lösung lag nahe: Warum nicht einfach das „Haus“ mitnehmen? Also entschieden wir uns für das Abenteuer Camping.

Unser Alaska-Urlaub vor zwei Jahren hatte uns derart begeistert, dass der Wunsch nach einer erneuten Reise in den hohen Norden unaufhaltsam wuchs. Langsam tasteten wir uns an die Idee heran und begannen im Internet nach Wohnmobilen zu suchen. Schnell standen zwei Dinge für uns fest: Wir wollten den Camper in Kanada mieten, um von besseren Bedingungen bei Miete und Versicherung zu profitieren, und es musste ein Truck-Camper sein, um wirklich alle Straßen und Pisten befahren zu können.

Ein Jahr im Voraus buchten wir einen Truck-Camper bei Fraserway, den wir in Whitehorse (Yukon) abholen und in Vancouver (British Columbia) zurückgeben würden. Die Flüge mit Condor waren ebenfalls frühzeitig gebucht, und so hieß es, ein Jahr lang gespannt zu warten.

In dieser Wartezeit durchforsteten wir immer wieder das Internet nach Tipps und Informationen für unseren Camping-Urlaub. Als erfahrene „Roadtripper“ im klassischen Sinne mit PKW und Hotels, stellten wir uns Fragen wie: Wie funktioniert das mit Ab- und Frischwasser? Wie sind die Campgrounds? Wie viel Platz bietet ein Wohnmobil? Um Antworten zu finden, meldete ich mich in einem Camper-Forum an – eine Entscheidung, die ich bald bereuen sollte.

Vielleicht liegt es an mir, aber immer wieder gerate ich in Diskussionsrunden, in denen eine einfache Frage mit Meinungen überflutet wird, die niemand erbeten hat – und das oft im unverschämten Ton. Mein Motto „Jeder soll machen, wie er will“ schien in diesen Foren nicht anzukommen.

Stattdessen werden einem Meinungen aufgedrängt nach denen man nicht gefragt hat – und dass zum Teil im unverschämten Ton. By the way: meine Tochter hat ein Baby. Wie sich manche Mütter respektive Eltern sich in Mütter-/Elternforen äussern,  dass ist zum Teil wirklich unterirdisch. Eine unscheinbare Frage kann einem da schon in kürzester Zeit den Titel „Rabenmutter“ zu teil werden – und das nur weil man im Forum fragt: „Auf was muss man achten, wenn man mit einem Baby in Urlaub geht?“ Antworten wie „Ihr hättet Euch früher überlegen müssen ob Ihr Kinder wollt, wenn ihr auf Urlaub nicht verzichten könnt“ gehört zu den harmloseren Antworten. Aber zurück zum Camperforum:

Als wir 2015 unsere Rundreise durch Alaska machten, beobachteten wir neidisch die Wohnmobilfahrer, die direkt am See- oder Flussufer stehen konnten und den Tag an malerischen Orten mit Sonnenuntergang und Sonnenaufgang verbrachten. Heute, zwei Jahre später entschieden wir uns für einen Wohnmobiltrip.

Die Fahrt mit dem Wohnmobil war für uns Neuland, und so stellte ich bei Google in einem entsprechenden Forum eine scheinbar simple Frage: „Weiß jemand, ob die Grenze zwischen Alaska und Yukon am Top Of The World Highway Mitte September noch geöffnet ist?“ Doch statt direkter Antworten bekam ich eine Lawine von Kommentaren, die meine Reiseroute infrage stellten.

Wer unsere Reiseberichte kennt, der weiß, dass wir gerne weite und lange Fahrten machen. Gerne auch mal nur um ein Schild zu fotografieren, welches die Grenze zur Area 51 markiert.

Da die Fahrt mit dem RV – das ist die amerikanische Bezeichnung für Wohnmobil (RV = Recreational Vehicle) ist komplettes Neuland und so kam es, dass ich mangels Informationen bei Goolge in einem entsprechendem Forum folgende Frage stellte:

„Weiß jemand ob die Grenze zwischen Alaska und Yukon am Top Of The World Highway Mitte September noch geöffnet hat?.“ Also eine Frage die man kurz- und knapp beantworten könnte….

Ich bekam 2 Antworten auf meine Frage. Ach halt nein – ich bekam nicht wirklich Antworten, sondern man bat mich zunächst meine Routen-Pläne mitzuteilen. Naiv wie ich war freute ich mich über das Interesse und stellte die Route vor die uns im Kopf herum schwebte. Schon ein wenig reduzierter, als wenn wir wie üblich mit dem PKW unterwegs waren – aber es kamen schon einige Meilen – sorry Canada – hier heißt es natürlich „Kilometer“ zusammen.

Was sich dann im Forum abspielte war fast schon ein kleiner „Shitstorm“

Waas?! Ihr wollt mehr als 150 km pro Tag fahren? Seit ihr verrückt? Wann wollt ihr:

  • Wäsche waschen
  • Das WoMo putzen
  • Essen (Frühstück/Mittag/Abends) zubereiten
  • Dumpen (Den Abwassertank leeren)
  • Frischwasser tanken
  • Diesel tanken
  • Und denkt daran rechtzeitig Toiletten anzufahren – ihr wollt doch für Eure Notdurft nicht etwa Eure WoMo-Toilette benutzen (Warum muss ich sie dann leeren?!?!)
  • Und wann wollt ihr denn auf den CG (Campgrounds) ankommen? Erst am Abend, wenn die guten Plätze bereits belegt sind?!

So ging das etwa 3 Tage lang, das besorge „Super-Camper“ uns belehrten, dass das was wir da vorhaben auf gar keinen Fall funktioniert. Liebe besorgte „Super-Camper“ und vor allem liebe Nicht-Camper, die es einfach mal ausprobieren wollen – so wie wir: Wir waschen in unseren Urlauben keine Wäsche – also fangen wir auch nicht damit an, nur weil wir eine „Wohnung“ hinten auf dem Pick-up stehen haben.

Wir halten unser WoMo sauber. Nach dem Essen wischen wir den Tisch ab und spülen das Geschirr. Und wir können es durchaus mit unserem Gewissen vereinbaren teilweise auch Einweg-Geschirr zu verwenden. Wir machen unser Bett, und wenn uns etwas runterfällt heben wir es auf. Zeitaufwand: Verschwindend gering. Zu gering um deshalb die Route auch nur um einen Kilometer zu kürzen.

Dumpen und Auffüllen der Tanks feiern wir nicht. Wir verabschieden auch nicht jeden „Haufen“ persönlich, wenn er durch den Abflussschlauch in einem mysteriösen Loch verschwindet. Außerdem stellt sich mit die Frage: Warum benötigt ihr Zeit zum dumpen, wenn ihr Eure Toilette nicht benutzt?

Und es drängt sich mir die Frage auf: Wie ist das bei Euch zu Hause? Geht ihr da auch zum Nachbarn oder ins nächste Einkaufszentrum? Ach eigentlich ist es mir völlig egal wo ihr Euer „Geschäft“ macht. Ich fand es gar nicht unpraktisch das „stille Örtchen“ dabei zu haben. Und fragt mal meinen Fahrer: Ein ganz neues Urlaubsgefühl ohne „Du ich muss mal. Wie weit ist es bis zum nächsten McDonald? „Nur 235 Meilen. Halte durch!“

Ich koche im Urlaub keine 3 Mahlzeiten (das mache ich noch nicht einmal zu Hause!). Wenn wir ein nettes Restaurant sehen gehen wir rein. Frühstück haben wir tatsächlich meist im eigenen Häuschen eingenommen, weil es einfach mega praktisch war. Schließlich hat man ja einen Kühlschrank an Bord und somit alles Wichtige dabei.

Ach ja – wir sind Schwaben und als Erfinder der Kehrwoche echte Putz-Profis. Aber doch nicht im URLAUB! Wie schon erwähnt: Das WoMo sauber und ordentlich halten ist ein Zeitaufwand von nicht einmal 10 Minuten pro Tag. (Außer man fährt den Dempster Highway; dann dauert es länger das WoMo vom angetrockneten Schlamm zu befreien.

Und so habe ich mich vom Forum abgemeldet. Wir haben uns nicht verunsichern lassen und haben unseren Roadtrip geplant wie immer; nur anstatt abends im Hotel/Motel einzuchecken, sind wir in unsere Mini-Wohnung gegangen.

Wir kamen meist am Abend erst auf den Campingplätzen an. Die Campfires der anderen Camper waren meist schon aus und die Wäsche hing bereits frisch gewaschen auf der Wäscheleine, die zwischen Bäume gespannt war.  Zugegeben: Um diese Zeit waren die allerbesten Plätze schon vergeben. Aber auch die zweitbesten Plätze waren „not too bad“.

Es gibt bestimmt viele unter Euch denen unsere Art Urlaub zu machen zu hektisch oder auch einfach nur zu doof wäre. Macht ja nichts – uns gefällt es. Jeder soll es so machen wie er will.

Wir sind insgesamt 7.200 km in 17 Tagen gefahren. Wir hatten 2 Reifenpannen und mussten unsere Route praktisch komplett umstellen, weil am Peel River eine Fähre defekt war. Trotzdem würden wir den Trip genau so wieder machen. Eben weils uns gefällt. Euch mag es anders gefallen. Na und?

Übrigens: Meine eigentliche Frage zu den Öffnungszeiten der Grenze habe ich nie beantwortet bekommen. Also nicht weil es keiner wusste – sondern man ging darauf einfach gar nicht ein. Schade – diese Info hätte mir bei der Planung weitergeholfen.

Ach, ich muss nochmal auf das Forum der Super-Mütter zurückkommen: Eine junge Mama hat gefragt ob sie auf was Besonderes achten muss, wenn sie mit ihrem 10 Monate altem Baby nach Florida in Urlaub fliegen möchte. Die Highlights der Antworten waren:

„Hast Du dir mal überlegt wie du die ganzen Nahrungsmittel für das Baby transportieren willst? Ich glaube nicht, dass Du in Florida Geschäfte finden wirst, in denen es Baby Nahrung gibt.“ (Anmerkung von mir: Nein, es gibt definitiv gar keine Geschäfte in Florida. Die Menschen dort gehen generell nicht einkaufen!)

Und:

Ich finde es unverantwortlich Deinem Baby diesen amerikanischen Mist zu füttern. Weißt Du nicht wie fett die Amis sind? (Anmerkung von mir: Ja, gibt es in USA ausschließlich XXL-Menüs von McDonalds püriert im Baby-Glas. Alle Babys; nein – einfach alle Menschen im den USA essen ausschließlich XXXXXL Menüs bei McDonalds und BurgerKing)

Seit dem ist meine meine Beziehung zu Online-Foren und ihren selbsternannten Experten problematisch. Lasst mich ehrlich sein: Foren sind wie ein Minenfeld der Meinungen, und Besserwisser scheinen sich dort besonders wohl zu fühlen. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen ihre ultimativen Campingregeln und „perfekten“ Ausrüstungsempfehlungen verbreiten, als ob es den einen richtigen Weg gäbe, die Natur zu erleben. Mein Unmut zu diesen selbsternannten Gurus kann kaum verhehlt werden, und es hat mich dazu inspiriert, unser Motto noch mehr zu schätzen.

Unser Motto lautet: Lass jeden machen, wie er will, und dränge niemandem die eigene Meinung auf. In einer Welt, in der Individualität oft von überheblichen Ratschlägen überlagert wird, wollen wir uns auf das konzentrieren, was zählt: die Freiheit, die Natur auf unsere eigene Weise zu erleben. Ob du ein erfahrener Camper mit einer Checkliste bist, die länger ist als ein Drehbuch, oder ob du dich spontan von deiner Abenteuerlust leiten lässt – bei uns ist jeder Weg der richtige Weg.

Möge dieses Vorwort euch einen kleinen Einblick in unsere Gedankenwelt bieten und euch ermutigen, eure eigene Reise zu gestalten. Möge das Lagerfeuer unserer Freiheit niemals erlöschen und die Sterne uns daran erinnern, wie klein wir in diesem großen Universum sind.

Auf ein unvergessliches Abenteuer!

Mit herzlichen Grüßen,

Gabi & Stefan

Hier geht es nun endlich zu meinem Reisebericht!

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